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Bürgerentscheid

Was bedeutet der Bürgerentscheid in Geislingen?

Der Bürgerentscheid über eine Auskreisung der Stadt Geislingen und der Gemeinde Böhmenkirch hat ganz schön für Aufsehen gesorgt. Doch was hat es damit auf sich und was sind die Hintergründe?

Bei einer Auskreisung verlässt eine Stadt oder eine Gemeinde ihren ursprünglichen Landkreis. Für Städte besteht dann die Option, eine kreisfreie Stadt zu werden - so wie es beispielsweise Ulm, Heilbronn oder Stuttgart sind. Voraussetzung dafür ist, dass die Stadt genügend Einwohner und Verwaltungskräfte hat, um die Aufgaben einer kreisangehörigen Gemeinde und die eines Kreises zu bewerkstelligen.

Kleinere Städte und Gemeinden wiederum lassen prüfen, ob diese sich in Zukunft an einen anderen Landkreis anschließen. Hier ist entscheidend, unter welchen Rahmenbedingungen ein Aus- und Übertritt vom alten in einen neuen Landkreis möglich ist. Damit das Verfahren gelingt, muss sich durch eine Änderung der Grenzen oder die Umkreisung eine wesentliche Verbesserung des öffentlichen Wohls ergeben und eine vorherige Benachteiligung gemildert werden. Bevor die Auskreisung also überhaupt an eine höhere Stelle geht, müssen zunächst die verschiedenen Vor- und Nachteile und die Voraussetzungen abgewogen werden.

Wenn sich nun der Gemeinderat für einen Kreiswechsel ausspricht, wird zunächst ein Antrag auf eine entsprechende Gesetzesinitiative an Abgeordnete des Landtags gestellt. Von diesem wird das Verfahren nach Landkreisordnung und Landesverfassung bearbeitet. In diesem Schritt werden auch die beiden betreffenden Landkreise, Gemeinden, Ministerien und Behörden angehört. Erst mit einem entsprechenden Gesetzesentwurf wird das Ganze rechtskräftig. In Baden-Württemberg waren bisher nur wenige Initiativen dahingehend erfolgreich und das Verfahren ist langwierig und umfassend.

Ausschlaggebend für den Bürgerentscheid in der Stadt Geislingen und auch der Gemeinde Böhmenkirch ist die geplante Schließung der Helfenstein-Klinik in Geislingen. Diese wird zusammen mit der „Klinik am Eichert“ in Göppingen unter dem Deckel der „Alb-Fils Kliniken“ betrieben. Nun soll allerdings der stationäre Betrieb der Klinik in Geislingen bis 2024 eingestellt und nur noch eine ambulante Versorgung gewährleistet werden. Dieser Beschluss sorgte nicht nur bei der Stadt Geislingen für Unmut, sondern auch bei vielen umliegenden Gemeinden. Diese fühlen sich schon seit mehreren Jahren in vielen Entscheidungen des Landtags in Göppingen ungerecht behandelt. Ein Versuch zur Besserung des Verhältnisses der Gemeinden zum Landkreis sei nicht erkennbar. Deshalb möchte sich Geislingen dem Alb-Donau-Kreis anschließen, auch Böhmenkirch zieht diesen Landkreis in Erwägung.

In dem ausführlichen und langwierigen Prozess der Auskreisung befinden sich die beiden regional betroffenen Gemeinden noch in der allerersten Phase. In einem Bürgerentscheid wurde nun darüber abgestimmt, ob zunächst die Voraussetzungen eines Kreiswechsels geprüft werden sollen. Damit ein solcher Bürgerentscheid erfolgreich ist, muss eine Mehrheit der Personen, die abgestimmt haben, die betreffende Frage mit „Ja“ beantworten. Zugleich muss die abgegebene Stimmanzahl 20 % der Stimmberechtigten ausmachen. Das heißt: eine Mehrheit unter den zum Bürgerentscheid abgegeben Stimmen und von allen zur Abstimmung Berechtigten müssen mindestens 20 % mit „Ja“ abgestimmt haben. Diese Bedingungen wurden sowohl in Geislingen als auch in Böhmenkirch erfüllt.

Das bedeutet konkret: im nächsten Schritt werden die beiden Gemeinden prüfen, welche Voraussetzungen nötig sind, um einen Austritt aus dem Landkreis Göppingen und einen Wechsel in einen anderen Landkreis zu ermöglichen. Erst dann kommt als nächste Instanz der Landkreis Göppingen ins Spiel.