Windräder drehen sich auf einer Anhöhe in Rheinhessen. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa
Windräder
Windräder drehen sich auf einer Anhöhe in Rheinhessen. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa
Entwurf mit neuen Details

Kritik an Klimaplänen der Bundesregierung

Berlin (dpa) - Während erste Details zum geplanten Klimagesetz bekanntwerden, geht die Debatte über die Umsetzung der neuen Ziele der Bundesregierung weiter.

Mehrere Verbände und die Opposition kritisierten, dass die Bundesregierung nun erläutern müsse, wie sie die geplanten Ziele umsetzen wolle. Bundesumweltministerin Svenja Schulze, die sich in diesen Tagen intensiv mit dem Koalitionspartner CDU/CSU berät, äußerte sich am Donnerstag zurückhaltend zum Vorschlag der Union, für mehr Klimaschutz den CO2-Preis zu erhöhen. Dieser Preis müsse sozial gerecht sein, sagte Schulze im Interview mit
RTL/ntv. «Es darf nicht einfach nur einen höheren Preis geben,
sondern die Menschen müssen sich das leisten können.» Es
brauche weitere, andere Klimaschutzmaßnahmen dazu. «Man braucht einen ganzen Mix an Instrumenten.» Wie dieser genau aussehen kann, darum wird Stunde um Stunde gerungen.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie mahnte eine effiziente Umsetzung von Klimaschutzregeln an. «Die hektische Verschärfung der nationalen Klimaziele erhöht die Unsicherheit für Wirtschaft und
Verbraucher», sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm am Donnerstag. Die neuen Ankündigungen zum Klimaschutz seien schwer nachvollziehbar, es fehle an «Konzept, Strategie und realistischer Planung, wie das für Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen funktionieren soll», kritisierte Russwurm.

Am Mittwoch hatte die Bundesregierung konkrete Ziele für ein neues Klimaschutzgesetz bekanntgegeben. Zu den Plänen zählen ein klimaneutrales Deutschland bis zum Jahr 2045, eine Treibhausgasreduktion bis 2030 von 65 Prozent gegenüber 1990 und neue Klimaziele nach 2030. Es wird erwartet, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel die nationalen Ziele Deutschlands im Rahmen des 12. Petersberger Klimadialogs an diesem Donnerstagmittag noch einmal öffentlich vorstellt.

Indes sind am Donnerstag weitere Details zur geplanten Gesetzesänderung bekanntgeworden. Demnach sollen in den einzelnen Wirtschaftssektoren wie Industrie oder Verkehr bis 2030 die Treibhausgasemissionen in Deutschland teils erheblich sinken. Das geht aus einem Entwurf hervor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Auch das «Handelsblatt» hatte darüber berichtet.

Den Plänen zufolge sollen in allen sechs Sektoren außer der Abfallwirtschaft die Treibhausgasemissionen ab 2023 schrittweise reduziert werden und Ende des Jahrzehnts ein niedrigeres Niveau erreichen. Die größten Einsparungen sind demnach in der Energiewirtschaft vorgesehen.

Das bisherige Klimaschutzgesetz sieht für den Energiesektor und für das Jahr 2030 eine erlaubte Ausstoßmenge von 175 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten vor - die Einheit, in der die Treibhausgase zur besseren Vergleichbarkeit angegeben werden.

Dem neuen Entwurf zufolge sollen die Emissionen in diesem Bereich nur noch 108 Millionen Tonnen betragen, ein Minus von 67 Millionen Tonnen. Auch für die Industrie verschärft sich der erlaubte Wert laut Entwurf von bislang 140 Millionen Tonnen auf 119 Millionen Tonnen. Im Verkehr wäre 2030 statt eines Ausstoßes von 95 Millionen Tonnen Treibhausgasen nur noch ein Ausstoß von 85 Millionen Tonnen erlaubt. Die Landwirtschaft müsste demnach mit Blick auf den Emissionshaushalt am Ende des Jahrzehnts mit vier Millionen Tonnen weniger auskommen. Für den Gebäudesektor wären bis Ende des Jahrzehnts Einschnitte von drei Millionen Tonnen Treibhausgasen nötig. Nur im Abfallsektor, in dem ohnehin die niedrigsten Ausstoßmengen vorgesehen sind, würden die erlaubten Mengen, sofern es bei diesem Entwurf bleiben sollte, gleich bleiben - demnach bei fünf Millionen Tonnen.

Neu in der Novelle sind jährliche Emissions-Minderungsziele für die Jahre 2031 bis 2040 sowie branchenspezifische Emissionsmengen für die Jahre 2035 und 2040. Zudem werden die Aufgaben des Expertenrates für Klimafragen erweitert, wie es auch die Denkfabrik Agora Energiewende erst vor einigen Tagen angeregt hatte. Erstmals ab 2022 und dann alle zwei Jahre soll der Expertenrat dem Entwurf zufolge ein Gutachten zu Entwicklung und Trends der Treibhausgasemissionen in Deutschland vorlegen. «Darin kann er auch zusätzliche Maßnahmen, Anpassungen der Minderungsziele sowie Änderungen der Jahresemissionsmengen vorschlagen», heißt es in dem Entwurf.

Die neuen Ziele für die einzelnen Wirtschaftssektoren ergeben sich durch die Anpassung des Klimaschutzgesetzes, deren Eckpunkte die Bundesregierung am Mittwoch verkündet hatte. Die Neuregelung war nötig geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber in der vergangenen Woche mit einem wegweisenden Urteil aufgetragen hatte, bis Ende 2022 die Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen für die Zeit nach 2030 näher zu regeln.

© dpa-infocom, dpa:210506-99-493941/3